Speisesaal

Joon:

"Verwirrt, unsicher, aber nicht wütend, ja sogar zornig",sagte ich.

Kendra:

"Ich bin nicht 'zornig'", erwiderte sie leise. "Ich BIN verwirrt. Ich bin unsicher. Aber vor allem bin ich enttäuscht."

Joon:

"Allerdings wirkst du nicht so", meinte ich. "Und enttäuscht bist sicherlich nicht nur du"

Kendra:

Sie sah ihn ruhig an und wischte sich die letzte Träne aus dem Gesicht. "Dann kennst du mich offensichtlich doch nicht", erklärte sie trocken.

Joon:

"Habe ich das jemals behauptet?", erwiderte ich.

Kendra:

Die Feuerbändigerin wandte sich von ihm ab. "Nein, nein, das hast du nicht", erwiderte sie nun. "Ich hatte es gehofft, aber, dass du nicht so bist, wie ich dich vielleicht gerne hätte, ist nicht dein Fehler."

Joon:

"Wie hättest du mich denn gerne?",fragte ich sie nun.

Kendra:

Kendra dachte einen Moment über seine Worte nach. "Ich weiß es nicht. Selbst wenn ich es wüsste, es spielt keine Rolle, wie ich dich vielleicht gern hätte. Du bist wie du bist."

Joon:

Darauf wusste ich nicht's mehr zu sagen und schaute sie nur schweigend an.

Kendra:

Die Feuerbändigerin stand da und schlang ihre Arme um sich, um sie vor der Kälte, die sich in ihr ausgebreitet hatte und die durch kein Feuer getilgt werden konnte,zu schützen. Er sagte nichts mehr. Was hätte er auch sagen können? Dass es ihm leid tat? Er konnte seine Worte nicht mehr zurücknehmen und er würde es vermutlich auch gar nicht wollen, wie sie ihn einschätzte. Und was konnte sie sagen? Dass sie ihn mochte oder, dass sie ihn eben nicht so mochte. In jedem Fall war das nun wohl das Todesurteil für eine Freundschaft, die Kendra so wichtig geworden war. Sie hatte sich nie Gedanken gemacht, ob sie ihn vielleicht doch etwas mehr mochte....wieso auch? Es gab ja keinen Grund dazu. Hatte es nie gegeben. Sie drehte sich wieder zu ihm um und sah ihn ruhig an.
"Joon....ich....weiß, dass meine Reaktion eben nicht nett war", setzte sie an und wog jedes Wort einzeln ab. "Und ich wollte dir damit auch nicht weh tun....das sicher nicht. Es ist nur....ich kann nicht verstehen, wieso du mich so überrumpelst. Es passt einfach nicht zu dir....du bist immer so rücksichtsvoll und vorrausschauend. Das ist das was dich immer so sehr von mir unterschieden hat und was ich so an dir mochte....und ich kann mir auch nicht vorstellen, wer dumm genug ist, eine Feuerbändigerin zu erschrecken und in die Ecke zu drängen....aber..." Sie seufzte. "Du kennst mich nicht...du kannst sowas nicht sagen, ohne mich zu kennen. Wenn, dann kennst du mich nur wie ich in den letzten Wochen war....weinerlich...depressiv....überfürsorglich und mit einem Hang zum Drama. Normalerweise bin ich ganz....anders....ich bin...stürmischer, lebhafter....ich denke nicht immer nach, bevor ich handle und ich bin schrecklich hitzig." Sie sah ihn an. "Alles in allem eine vollkommen andere Kendra. ....was soll ich denn bitte denken und sagen, wenn du sowas sagst und....nur die andere Kenni kennst, die, die eigentlich so untypisch für mich ist? Selbst...." Sie machte eine kurze Pause und fuhr dann fort: "Selbst, wenn ich dich .... möglicherweise auch mögen würde - und ich habe wirklich nich nicht darüber nachgedacht - woher sollte ich wissen, ob du mich noch mögen würdest, wenn du mich erst so kennen würdest, wie ich eigentlich bin? Oder ob du mich auch nur wieder verändern wollen würdest....?"

Joon:

"Du gibt's mir noch nicht einmal die Chance, dich so kennen zu lernen, wie du wirklich bist", meinte ich. "Und ich bezweifle, dass ich dich dann nicht mehr mögen würde, denn Gegensätze ziehen sich bekanntlicher Weise an"

Kendra:

"Das klappt beim Magnetismus, Joon, nicht im echten Leben."

Joon:

"Auch im echten Leben würde es klappen, wenn man es überhaupt zulassen würde. Denn dann könnte man sich gegenseitig ergänzen."

Kendra:

Die Feuerbändigerin konnte sich nicht helfen - allmählich ging er ihr, trotz ihrer Verwirrung und ihrer Verzweiflung, auf die Nerven. Wenn ein und dieselbe Person die ganze Zeit auf ein und dasselbe Thema bestand und sie spürte, dass sich das Thema festgefahren hatte, verlor sie früher oder später immer die Geduld. Sie gestattete es sich, nicht zu antworten. Es gab dazu nichts mehr zu sagen. Absolut nichts mehr.

Joon:

"Hast du nicht's mehr zu sagen?", fragte ich sie.

Kendra:

Sie sah ihn unglücklich an, es schnürte ihr die Kehle zu. Sie wusste nichts mehr zu sagen...es brach ihr das Herz, ihn so zu sehen. Was immer er auch sagen mochte - aus eigener Erfahrung wusste Kendra, dass man nicht ohne Hoffnung in so ein Gespräch eintritt...und dieses Gespräch scheint keinen Neuanfang darzustellen...nur das Ende von etwas. Sie wusste nicht, was sie noch hätte sagen sollen.

Joon:

"Dann sag ich was, weshalb der Ball hier eigentlich stattfindet. Frohe Weihnachten, auch wenn ich sie dir höchstwahrscheinlich vermiest habe", sagte ich und lächelte leicht. Es war auf keinen Fall.leicht, jetzt irgendetwas normales zu sagen, aber, wenn wir gar.nicht reden würden, dann würde es mir so vorkommen, als ob ich sie vollkommen verlieren würde.

Kendra:

Kendra rang sich ein Lächeln ab. "Wäre es noch in Ordnung, wenn ich morgn zu euch käme, zum Feiern?", fragte sie nun.

Joon:

"Klar, allerdings muss das Chris entscheiden, aber es geht sicherlich", sagte ich.

Kendra:

Sie nickte. "Ich hoffe, dass sie das hinbekommen, also Chris und Nora...das hätte schön gepasst." Sie redete nur, um etwas zu sagen. Sie wollte kein Schweigen zwischen sich und dem Luftbändiger entstehen lassen.

Joon:

"Das hoffe ich auch, ich habe ihn seit langer Zeit nicht mehr so glücklich gesehen", meinte ich und schaute dann zu Chris. //Seit dem Mama gestorben ist...//,fügte ich in Gedanken hinzu.

Kendra:

"Hm...vielleicht könnte ich ja mal mit Nora sprechen...ich kenne sie schon sehr, sehr lange...oder Marcel, mit ihm hat sie imer die ernsthafteren Gespräche geführt und ihm hat sie auch die Geschichten aus ihrer Arbeit erzählt..."

Joon:

"Das wäre wirklich nett von dir", sagte ich.

Kendra:

Die Feuerbändigerin konnte nur nicken und wusste nun endgültig nichts mehr zu sagen. Absolut nichts mehr.

Joon:

"Willst du vielleicht etwas trinken?",fragte ich sie schließlich.